Forschungsprojekt Safety Box – Crashtest
Wolfenbüttel. Die Kulisse für einen spektakulären Crashtest gab am Samstag das Freigelände am Exer in Wolfenbüttel ab: In gut 40 Metern Höhe schwebte ein viersitziges Kleinflugzeug – mit der Nase nach unten hing es durch Stahlseile verbunden an drei Schwerlastkränen. Als einer der Haken per Fernauslöser öffnete, schwang der Flieger nach unten und zerschellte mit lautem Krachen am Boden.
Oder besser gesagt: Er zerschellte eben nicht. Denn der Versuch diente vor allem dem einen Ziel, künftige Abstürze sicherer zu machen. Ein Team von Ingenieuren des Faserinstituts Bremen hatte gemeinsam mit den Partnern entscheidende Veränderungen an der Kabine der Maschine vom Typ Flight Design C4 vorgenommen – ähnlich einem Monocoque in der Formel 1. „Durch die Verwendung von Kohlenstoff-Faser und Teflon, durch besondere Strukturen und Knautschzonen sollen solche Abstürze in Zukunft überlebbar sein“, erklärte Professor Dr. Harald Bachem vom Wolfsburger Institut für Forschung, Entwicklung und Technologietransfer e.V.
Die Maschine war befreit von Tragflächen und sämtlichen Flüssigkeiten, steckte aber voller Messtechnik und hatte einen Dummy an Bord. Mehrere Flugdrohnen mit Kameras schwebten am Himmel, ansonsten war die Absturzstelle konsequent abgeschirmt, denn die Testergebnisse sollten nicht zu früh an die Öffentlichkeit dringen. Kein Frage: Diese Resultate dürften für eine Reihe von Firmen weltweit von großem Interesse sein.
Auch wenn die Auswertung der Daten noch mehrere Wochen dauern wird: „Insgesamt war der Versuch sehr erfolgreich“, freute sich Professor Bachem. Das Flugzeug traf wie geplant in einem Winkel etwa 30 Grad zum Boden und mit rund 90 Stundenkilometern auf. „Die Flugzeugstruktur verhielt sich dabei robust, und wir waren erleichtert, dass wir den Dummy unbeschädigt wieder aus dem Flugzeug nehmen konnten.“ Die Geschwindigkeit übrigens war ebenfalls bewusst gewählt, denn bei gut 90 Stundenkilometern reißt die erforderliche Strömung an den Tragflächen ab. Im Flugverkehr ist das der kritische Versagensfall: fehlender Auftrieb bedeutet Absturz.
Mehrere Dutzend geladener Gäste verfolgten den Ernstfall für die „Safety-Box“ genannte Struktur, an der jetzt rund drei Jahre lang geforscht worden war. Der Crashtest war Höhepunkt eines Projektes, das durch das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM) des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert wurde, und an dem die Projektpartner Autoflug GmbH, Faserinstitut Bremen e.V., Flight Design GmbH, Silence Aircraft GmbH, Titan Präcis Metallurgie GmbH und das Wolfsburger Institut für Forschung, Entwicklung und Technologietransfer e.V. an der Ostfalia Hochschule beteiligt waren. Das Technische Innovationszentrum Wolfenbüttel (tiw) e.V., hatte eine große geteerte Fläche als Absturzstelle zur Verfügung gestellt.
„Wir bedanken uns vor allem bei unseren Sponsoren“, betonte Professor Bachem, „bei der Firma SuB Schwertrans für die drei Autokrane, bei der Bundesanstalt für Straßenwesen und bei der Firma Kistler-Messtechnik.“ Der Verein Deutscher Ingenieur (VDI) Braunschweig, dessen Vorsitzender Bachem ebenfalls ist, hatte im Rahmen des Kooperationsprojektes mit der Ostfalia Hochschule „Braunschweig/Wolfsburg – Die Ingenieurregion“ einige Gäste zu dem spektakulären Versuch eingeladen. „Gefreut haben wir uns sehr über die vielen spontanen Glückwünsche zum gelungenen Crashversuch von Seiten des Projektkonsortiums und der geladenen Teilnehmer.“
Der kontrollierte Absturz bedeutete dann auch wieder Entwarnung für die Sicherheitskräfte. Im Vorfeld waren sie informiert worden, dass sich am Exer etwas ereignen würde, das durchaus Notrufe zur Folge haben könnte. Doch obwohl sich einige Schaulustige auf der Straße nach Salzdahlum sammelten, gab es keine Alarmierungen.